Eine Nacht, die sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat – ein magischer Basketballabend. Ein Sieg gegen Frankreich bei der Weltmeisterschaft – so etwas hat der Schweizer Basketball selten erlebt. Hier ist die Geschichte.

In der Vaudoise Aréna in Lausanne waren wir Zeugen eines einzigartigen Sportmoments. Natürlich haben auch die Leistungen des LHC, von HC Ajoie, der Jugend-Nationalteams bei den Youth Games oder die Eröffnungsfeierlichkeiten dieser Spiele für Emotionen gesorgt. Aber am 2. Juli war es Basketball. Es war auch großes Theater, pure Emotion. Ein Duell auf Messers Schneide. Ein unglaubliches Finish. Sie haben es geschafft. Wir sind stolz!
Schweiz eliminiert Frankreich in einem packenden Spiel
In der Vaudoise Aréna riss die Schweiz ein Loch ins Parkett, und aus den brodelnden Rängen brachen Lavaströme hervor. Die Sensation war perfekt: Frankreich – einer der Turnierfavoriten – wurde im Achtelfinale der U19-Weltmeisterschaft mit 86:79 nach Verlängerung aus dem Turnier geworfen. Ein kleines Wunder.
Bis zum Ende des dritten Viertels lag das Team von Ivan Rudez durchgehend zurück. Doch 50 Sekunden vor Schluss glich Marko Aleksic aus, und in der Verlängerung brachte Andrin Njock die Schweiz endgültig in Führung. Der Rückstand von zwölf Punkten zur Halbzeit ließ diese bissige, kluge Truppe unbeeindruckt. Die Schweizer kamen durch Dreier von Oliver Sassella und Austin Ouko zurück. Und Dayan Nessah ragte heraus: 22 Punkte, 15 Rebounds, 5 Assists – ein statistisches Meisterwerk.
Dieser heroische Sieg bringt die Schweiz ins Viertelfinale gegen Neuseeland. Die Fans waren elektrisiert – Wellen aus ohrenbetäubender Hitze. Für die Familien auf den Rängen ging es ums Glauben, Schreien, Feiern.
„Bestes Spiel meines Lebens“ – Lana Sergi
Beginnen wir mit den Fans: Rémi und seine Schwester Lana hatten Tränen in den Augen. Sie fieberten mit, schrien und feierten diesen historischen Sieg des U19-Schweizer Teams. „Das ist das beste Spiel meines Lebens“, sagte Lana. „Ich bin unglaublich stolz auf das, was sie geleistet haben“, fügte Rémi hinzu.

Lana und Rémi, zwei leidenschaftliche Fans, Geschwister im Zeichen der U19-Schweiz (FIBA)
Die beiden Teenager sind selbst im U19-Alter. Sie besuchen die École Nouvelle de Lausanne, wo sie gemeinsam mit mehreren Spielern des Schweizer Nationalen Basketballzentrums zur Schule gehen – einem Zentrum, das von ihrem Vater Giancarlo Sergi gegründet wurde, der auch von 2014 bis 2024 Präsident von Swiss Basketball war.
Er erklärte: „Das Zentrum hebt gerade richtig ab. Die Entwicklung des Schweizer Basketballs erreicht ein neues Niveau.“ Der bevorstehende Umzug nach Biel–Magglingen, wo das nationale Leistungszentrum die besten Talente des Landes vereint, ist vielversprechend.
Eine vielversprechende Generation
Zu den Freunden der Sergi-Kinder zählen: Andrin Njock, Oliver Sassella, Matteo Da Silva und Dario Cokara. Alles Basketballer, sie besuchten gemeinsam die École Nouvelle de la Suisse Romande in Lausanne. „Wir haben sie im Internat gesehen, wir waren Teil dieser Reise. Wir fühlten uns sehr verbunden mit diesem Team“, so Rémi.
In der Schweiz wächst eine enorm vielversprechende Generation heran. Zwei neue Namen haben kürzlich den Sprung in die NBA geschafft: Kyshawn George und Yanic Niederhauser – unterwegs nach Washington D.C. bzw. zu den L.A. Clippers. Sie reihen sich ein in die Riege von Thabo Sefolosha (Chicago, Oklahoma City, Atlanta, Salt Lake City, Houston) und Clint Capela (Atlanta, Houston). Für viele ist das ein starkes Zeichen.

Trainer Ivan Rudez mit brennendem Siegeswillen nach einem legendären Match (FIBA)
Thomas Dufant vom französischen Basketballblog und YouTube-Kanal First Team, der zusammen mit Erwan Abautret Spiele begleitet, sagte: „Wir waren überwältigt von der Energie in der Halle. Wichtig ist, dass Basketball wächst – auch wenn es Frankreich war, das verloren hat…“ Erwan fügte hinzu: „Die NBA wird überall auf der Welt geschaut. Dass nun Schweizer wie Kyshawn George oder Clint Capela dort spielen, ist riesig. Man denke nur an Tony Parker – er hat Frankreich dank der NBA auf die Weltkarte gebracht.“
Thomas zeigte sich begeistert, zukünftige NBA-Stars gesehen zu haben: „Wir haben Frankreich begleitet, aber auch viele Amerikaner wie Dybantsa, Brown Jr. oder Peat gesehen. Die Australier haben uns beeindruckt, vor allem Jacob Furphy. Es wird spannend in den Viertelfinals.“ Die beiden Franzosen genossen auch das kulinarische Lausanne: „Wir haben auch Malakoffs gegessen… (eine Anspielung auf den Pariser Club, in dem sie früher spielten, bevor sie Journalisten wurden),“ sagten sie schmunzelnd.
Eine elektrisierende Atmosphäre
Der Schweizer Cheftrainer Ivan Rudez war überglücklich. Er fand seine Spieler unglaublich: „Ich habe ihnen in der Halbzeit gesagt, sie sollen fokussiert bleiben. Frankreich ist ein Top-5-Team weltweit. Es war ein harter Kampf. Wir haben den Ball in der zweiten Hälfte besser bewegt. Und am wichtigsten: Wir blieben taktisch diszipliniert. Eine Riesennacht für den Schweizer Basketball, eine Riesennacht für den Schweizer Sport.“
„Die Atmosphäre war unglaublich, sie waren bereit!“, ergänzte Giancarlo Sergi. Sieben oder acht Spieler des aktuellen U19-Kaders wurden am Nationalen Basketballzentrum ausgebildet – das vor nur vier Jahren gegründet wurde. Das von der Föderation initiierte Leistungszentrum hat breite Unterstützung. „Basketball wächst, vor allem bei den Lizenzen“, sagt Sergi.
Ein nationaler Wendepunkt?
„Diese jungen Spieler brauchen Vorbilder und Botschafter“, sagte Sergi. „Nach dem Spiel gaben sie Autogramme für Kinder der Jahrgänge 2006, 2007, 2008. Das ist unglaublich. Der Gegner war stark. Aber wir haben auch Spieler bei Topclubs – in der NCAA, in Spanien, in Deutschland. Zum Vergleich: 750.000 Lizenzierte in Frankreich, 25.000 in der Schweiz – da schlagen wir uns nicht schlecht.“
Viele dieser Spieler wurden von lokalen und regionalen Trainern entdeckt. Das CNBS bleibt bestehen, aber an einem neuen Standort. Der Umzug ins nationale Zentrum in Magglingen wird sie wahrscheinlich aufs nächste Level bringen – mit Hervé Coudray als technischem Direktor und Trainern wie Ivan Rudez, Maxime Ravert und anderen. „Es ist eine echte Teamarbeit“, fasst Giancarlo Sergi zusammen.
Nächster Halt: Neuseeland
Es ist der Abend des 2. Juli. Die Schweiz trifft am 4. Juli im Viertelfinale auf Neuseeland. Giancarlo Sergi meint: „Ich entdecke Ozeanien. Sie spielen sehr mannschaftlich. Keine Stars, aber starke Ballbewegung. Sie sind schnell. Australien ebenfalls – aber Neuseeland hat noch kein Spiel verloren.“ Und zur Eröffnung des Viertelfinals? Da wartet der Haka. Ein Schweizer Haka? Zeit für das Alphorn!
„Leader auf dem Feld“
„Sie haben in der Defensive alles gegeben“, sagte Fanführerin Lana Sergi. „Oliver Sassella traf drei entscheidende Dreier.“ Rémi ergänzte: „Vielleicht fehlte ihnen anfangs das Selbstvertrauen. Aber in der zweiten Halbzeit hat man den Unterschied gesehen.“

Assistenztrainer Maxime Ravert über seine Nummer 10, Lucas Maniema (12 Punkte): „Er war der Leader auf dem Feld. Wir haben ihn viel eingesetzt, und er war ein verlässlicher Fixpunkt für das Team. Die Chemie stimmte. Wir lagen 14 zurück und haben sie in der Verlängerung geschlagen… Wir hätten es fast in der regulären Zeit gewonnen!“ Maxime grinste übers ganze Gesicht.
„Wir haben gezeigt, wer wir sind“ – Lucas Maniema
„Wir unterstützen uns gegenseitig – wir halten immer zusammen“, erklärte Lucas, Shooting Guard. „Die Stimmung war noch verrückter als gegen die Dominikanische Republik. Wir haben gespürt, dass ein ganzes Land hinter uns steht. Gegen Frankreich haben wir gezeigt, wer wir sind. Eine neue Generation. Der Präsident des Verbandes hat uns die Mittel gegeben.“
Und tatsächlich schien Präsident Andrea Siviero vor Glück zu schweben: „Das ist ein historischer Tag. Ich habe ihnen gesagt… Weckt mich nicht auf, ich glaube, ich träume. Was sie in letzter Zeit leisten – unglaublich. Wir haben eine Generation, die glänzen kann. Wir waren in Athen mit dem Frauenteam, nach 69 Jahren Abwesenheit. Dann die Silbermedaille im 3×3 in der Mongolei. Dieser Sport zählt in der Schweiz – wir müssen weiterarbeiten, damit er wächst.“
Ein Publikum, das auf beste Weise reagiert hat
Zur internationalen Bedeutung dieses Erfolgs: „Das ist eine Weltmeisterschaft – und das Publikum hat auf die schönste Weise reagiert. Wie ich immer sage: U19-Basketball ist kein Jugendbasketball – das sind die Stars von morgen. In dieser großen Lausanner Halle – sonst eine Hockey-Hochburg – haben wir gesehen, dass Basketball die Menschen zusammenbringen kann. Es ist ein großer Sport in der Schweiz. Wir müssen in den nächsten Jahren daran arbeiten, ihn noch weiter zu bringen.“ Andrea Siviero hofft, dass die Erfolgswelle am Freitag weiterrollt. Möge sein Wunsch in Erfüllung gehen.
Kamary Diakité, Forward, rief aus: „Das ist das erste Mal für mich – Viertelfinale! Und jetzt Neuseeland… Ich habe es noch gar nicht verarbeitet. Wir brauchen alle Fans für dieses Spiel. In der Halbzeit gegen Frankreich haben wir gesagt – wir dürfen nicht soft sein. Die Franzosen sind stark, aber wir haben gezeigt, dass wir keine kleinen Brüder mehr sind. Es gibt kein ‚kleines Schweiz‘ mehr.“
Text: David Glaser | Fotos: FIBA